Panik beim Tauchen

Panik beim Tauchen

Tauchen kann ein so schönes und entspannendes Hobby sein. In gewissen Situationen kann sich das entspannte Gefühl allerdings jäh in Angst umkehren.

Panik und Angstzustände unter Wasser sind ein noch stiefmütterlich behandeltes und oft totgeschwiegenes Thema. Insbesondere in einer noch immer von Männern dominierten Welt des Tauchsports, gibt sich kaum einer die Blöße, seine Angst einzugestehen und von den anderen möglicherweise als „Weichei“ belächelt zu werden.

Trotz steigender Taucherzahlen wird bei den Tauchverbänden wenig auf die möglichen Gefahrensituationen hingewiesen.
Das kann einem bei einem komplizierten Tauchgang teuer zu stehen kommen.

Aber was tun, wenn auf einmal aus einem leichten Unbehagen allmählich Angst oder sogar Panik erwachsen? Wie kann man dem beklemmenden Gefühl in der Brust und dem voranschreitenden Verlust der Kontrolle Herr werden?

„Denk nach, bevor Du nur noch instinktgesteuert handelst!“

In Situationen, in denen wir glauben, die Situation nicht mehr im Griff zu haben, verabschiedet sich oftmals der Verstand und wir schalten auf instinktives Verhalten um. Evolutionär betrachtet ist das sicherlich richtig. In bestimmten Situationen mag es durchaus sinnvoll erscheinen, die Beine in die Hand zu nehmen. Beim Tauchen erweist sich dieses Verhalten als gefährlich. Dem Instinkt nachzugeben kann beispielsweise dazu führen, dass man als Taucher einen unkontrollierten Notaufstieg einleitet.

Tipps bei Panik

Grundsätzlich gilt: Wer in sich Panik aufsteigen spürt, sollte alle Sinne darauf fokussieren, die Ruhe zu bewahren und die Kontrolle über die eigenen Gefühle zurück zu erlangen.
Wer unkontrolliert handelt, kann keine wichtigen rationalen Entscheidungen treffen und bringt sich und gegebenenfalls auch seinen Tauch-Buddy in Schwierigkeiten.

Wenn die Situation erst einmal eingetroffen ist, dass sich der rational arbeitende Verstand zu Gunsten einer alles einnehmenden Angst Platz macht, sollten sich alle Anstrengungen des Tauchers darauf konzentrieren, schnellstmöglich wieder die Oberhand über seine irrationalen Gefühle zu erlangen.

Eine hilfreiche Methode ist es, kurz an einem sicheren Platz (nicht bei Strömung oder im Blauwasser!) inne zu halten, die Augen zu schließen und bewusst ruhig und tief gegen den Impuls ein- und auszuatmen. Es ist wichtig, sich dabei Zeit zu lassen und versuchen, den aufgebauten inneren Stress wieder bewusst „abzuatmen“.

„Buddy, hilf!“

Das Wichtigste ist, seinen Buddy auf die eigene Situation aufmerksam zu machen, sodass dieser zur Not Unterstützung leisten kann. Sollte der Buddy aus welchen Gründen auch immer nicht in der Nähe sein, kann der Tauchguide am besten unterstützen, da er aller Wahrscheinlichkeit nach der Erfahrenste vor Ort ist und auf derartige Situationen generell vorbereitet ist.

Für einen Buddy kann es hilfreich sein, ein paar Tipps zu beachten, wie er/sie erkennen Anzeichen von Panik erkennen können:

  • Buddy wirkt nicht ansprechbar, reagiert nicht oder nur verzögert auf Ansprache (Unterwasserzeichen) und wirkt abwesend
  • hektische oder schnelle Atmung – viele und vielleicht auch unregelmäßige Atemblasen
  • weit aufgerissene Augen oder auch ein starrer Blick, der meist zur Wasseroberfläche gerichtet ist
  • hektische, unkontrollierte Bewegungen
  • Generell: ungewohntes oder abnormes Verhalten des betroffenen Tauchers

Sobald die Tauchpartner*innen auf die Situation aufmerksam geworden sind, kann es mitunter schon ausreichen, sich zunächst einmal festen Halt je nach Situation am Boden oder am Riff zu suchen, um zum einen die Orientierung wieder zu finden oder aber auch gegenüber möglicher Strömung sicheren Schutz gegen das Abtreiben unter Wasser zu beziehen.
Bei Strömung sollte definitiv darauf geachtet werden, dass die gewählte Position im Strömungsschatten liegt, um eine weitere Stresssituation zu vermeiden.

Meistens reicht es schon, in der sicheren Position einige Minuten zu verharren und sich auf Dinge in der unmittelbaren Umgebung zu konzentrieren. So kann man sich wieder auf andere Gedanken bringen und sich beruhigen.

Mögliche Situationen

Die Situationsvielfalt ist sicherlich individuell. Zum einen hängt viel von der physischen als auch der psychischen Tagesform des jeweiligen Tauchers ab. Wenig Schlaf oder viel Alkohol und wenig Fitness sind ebenso wenig förderlich als schwerwiegende mentale Belastungen. Dennoch gibt es zahlreiche Tauchsituationen, die Angstzustände fördern beziehungsweise auslösen können.

Overhead Environment

Höhlentauchgänge können sicher spannend sein – das Gleiche gilt für Wracktauchgänge, bei denen das Innere eines untergegangenen Schiffes oder Flugzeuges betaucht wird.  Sie bergen aber für unerfahrene oder zur Klaustrophobie

Wracktauchen birgt gewisse Risiken

neigende Taucher das Risiko, eine Angstattacke hervorzurufen. Das beklemmende Gefühl, nicht ungehindert aus der Höhle „entkommen“ zu können, kann sich dadurch verstärken, dass hinter einem selbst noch weitere Taucher folgen, die den Weg nach draußen zusätzlich versperren.

Wem ein Tauchgang in eine Höhle oder in engen Umgebungen nicht geheuer ist, der sollte dies vor dem Tauchgang (am besten nach dem Briefing) direkt dem Guide mitteilen. In der Regel fragen diese bereits während des Briefings, ob jemand hinsichtlich des bevorstehenden Höhlen- oder Wracktauchgangs Bedenken hat.
Sollte keine sinnvolle Alternative gegeben sein, empfiehlt sich der Verzicht auf das Taucherlebnis. Die Gesundheit geht immer vor.
Es soll auch schon mal vorgekommen sein, dass der betroffene Taucher die Gruppe in die Höhle hat tauchen lassen und davor gewartet hat. Dies erscheint als nicht sinnvolle Lösung, da hier das Buddy-Prinzip nicht mehr funktioniert. Ohnehin würde ein zuverlässiger Buddy seinen Tauchpartner nicht aus den Augen lassen.

Abstand zur Gruppe

Während eines besonders spannenden Tauchgangs vergisst man gerne alles andere um sich herum. Das kann dazu führen, dass man sich ungewollt von der Gruppe distanziert hat. Das vermeintliche Gefühl, in der Nähe der Gruppe sicher aufgehoben zu sein, kann sich schnell verflüchtigen und in Angst umschlagen. Grundsätzlich sollte immer darauf geachtet werden, dass die Gruppe nicht außer Sicht gerät und umgekehrt. In der Regel hat der Guide der Gruppe immer ein Auge auf die Teilnehmer des Tauchganges. Jedem sei aber angeraten, am besten auf sich selbst zu achten, denn der ein oder andere Guide ist sich nicht immer der Verantwortung gegenüber der Gruppe bewusst ist.

Starke Strömung

Bei vielen Tauchgängen zeigt es sich als erforderlich, gegen die Strömung zum Top Spot zu gelangen.

Bei starker Strömung: Festhalten

Oder man gerät bei der Rückzug vom Tauchgang „ins Blaue“, bei dem man sicherlich Spektakuläres gesichtet hat, unverhofft in die Strömung. Egal wie, der Weg gegen die Strömung kann einem Taucher manchmal viel abverlangen. Mitunter ist das eigene Vorankommen trotz angestrengten Paddelns kaum wahrzunehmen. Dann fängt es im Kopf an zu rattern – nur was tun?

Wenn es der Tauchgang zulässt, sollte man dicht über dem Riffdach dahingleiten. Die Strömung bricht sich hier ein wenig und ist dementsprechend nicht so stark wie darüber. Zudem kann man gelegentlich innehalten  und durchatmen, während man sich mit der Hand an einem Felsen oder Ähnlichem festklammert, um wieder Luft und Ruhe für den nächsten Flossenschlag zu sammeln.

Eigene Einstellung – psychische Faktoren

Kann man sich auf derartige Situationen einrichten? Wahrscheinlich nicht.

Die Symptome der eigenen Angst treten unverhofft und ungeplant ein. Zwar sollte sich der Taucher vor, während und nach jedem Tauchgang der möglichen Gefahren bewusst sein. Das Bewusstsein dessen verhindert aber nicht das Auftreten der ureigenen Ängste, die so schwer in den Griff zu kriegen sind.
Auch das sprichwörtlich ungute Gefühl sollte nicht runtergespielt werden: Wenn Du dich nicht sicher fühlst, Bedenken oder Sorgen hast, ist es nicht sinnvoll, diese Gedanken zu ignorieren und „vorbelastet“ ins Wasser zu steigen. Das bringt dich nicht weiter und schon gar keinen entspannten Tauchgang – Ruhe und Konzentration hilft hier sicher deutlich mehr als ein beklemmendes Gefühl beim Sprung ins Wasser.

Auch wenn es schwer fällt, lieber mal einen Tauchgang ausfallen lassen, wenn einem dabei ein wenig „mulmig“ zumute ist.

Der Buddy

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet…“, was Schiller schon in seiner berühmten Glocke anklingen ließ, mag auch das Leitmotiv bei der Wahl des geeigneten Tauchbuddys sein. Sicher muss man sich nicht gleich verlieben, aber die Tauchpartner sollten zumindest auf einer Wellenlänge sein, um zwischenmenschliche Spannungen zu vermeiden. Ebenso sinnvoll ist es, die Zuverlässigkeit des Buddys genau unter die Lupe zu nehmen.
Was nützt der charismatischste Buddy, wenn er unter Wasser seinen Ego-Trip fährt und nicht bei der Sache ist, geschweige denn beim Buddy?

Die eigene Fitness

Bei anstrengenden Tauchgängen unersetzlich: Eine solide physische Konstitution. Sicher muss man kein Schwerathlet sein, aber über ein gewisses Maß an Kondition und Fitness zu verfügen, kann auch beim Tauchsport von großem Nutzen sein.

Die eigene Einschätzung

Wer den sprichwörtlich schlechten Tag hat oder grundlegende Bedenken gegen einen Tauchgang hat, vielleicht ein wenig seekrank ist oder an anderen mitunter nur leichten Gebrechen leidet, sollte das Tauchen lieber verschieben, auch wenn der anstehende Tauchgang vielversprechend sein sollte.

Wer Situationen kennt, in denen er lieber mit einem deutlichen „Nein“ letztlich aber aus aus einem bestimmten Grund heraus „Ja“ geantwortet hat, dem sei beim Tauchen angeraten, lieber zweimal über seine Antwort nachzudenken. Besser mal beim Eingang der Höhle mit dem Buddy auf die zurückkehrende Gruppe warten, als zu viel zu wagen. Der Preis für Leichtsinn beim Tauchen kann teuer sein.

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