Die Numidia
Das Wrack der Numidia, ein britischer Frachter, der am 20. Juli 1901 unter klarem Himmel an der Nordspitze von Big Brother Island havarierte, ist ein tolles aber auch herausforderndes Ziel für Taucher. Nachdem alle Versuche, das Schiff zu retten, gescheitert waren, sank es einige Wochen nach der Kollision mit dem Riff, nach die Reste der Ladung geborgen werden konnten. Heute liegt die Numidia fast senkrecht an der Riffkante und wird oft als eines der schönsten Wracks des Roten Meeres bezeichnet. Der Bug liegt in einer Tiefe von etwa 10 Metern, während die Schiffsschraube in 80 Metern Tiefe ruht, was sie für Freizeittaucher unzugänglich macht.
Bereits beim Eintauchen ins Wasser spürt man die starke Strömung, die sich hier an der nördlichen Spitze des Riffs aufteilt. Bereits beim Briefing wurde uns eingetrichtert, schnell auf 10 Meter abzutauchen, damit uns Strömung und Brandung nicht auf das Riffdach abtreiben. So warten wir mit entleerten Tauchjackets bis das Signal zum Abtauchen gegeben wird. Per Backroll gleiten wir ins Wasser und tauchen direkt ab. Wie besprochen finde wir uns auf 10 Metern ein und nachdem alle das „ok“ gegeben haben, geht es endlich los.
Die Sichtweite unter Wasser ist wie so oft im Roten Meer hervorragend und auch heute sind die Sichtverhältnisse top. So fällt es nicht schwer, uns zu orientieren und direkt vor uns taucht schemenhaft der Rumpf der Numidia auf, der sich dunkel gegen die Riffwand abzeichnet. Beim Näherkommen wird deutlich, warum so viele Taucher dieses Wrack lieben: Es ist vollständig intakt und mit einer beeindruckenden Vielfalt an Hart- und Weichkorallen bewachsen.
Starke Strömung
Die Strömung kann am Wrack, wie eingangs beschrieben, herausfordernd sein. Auch wir mussten ordentlich mit der Kraft der Natur ringen, was in den ersten Minuten bereits viel Kraft und Luft kostet. Doch das hält uns nicht davon ab, uns von der faszinierenden Farbenvielfalt am steil abfallenden Deck beeindrucken zu lassen. Wir sind derart fasziniert von der Schönheit des üppig bewachsenen Wracks, dass wir teils gar nicht erkennen, welche Teile des Schiffs wir gerade vor Augen haben. Unser kundiger Guide hilft uns dabei mittels Handzeichen unsere Position und die Aufbauten des Schiffs zu erklären.
Nach etwa 20 Minuten und mit 120 Bar Restluft verlassen wir die Numidia und tauchen weiter entlang des westlichen Dropoffs, das ebenfalls reich an Korallen und Fischen ist. In der Ferne erkennen wir einen grauen Schatten, der sich als Hammerhai entpuppt. Leider verschwindet er schnell in tiefere Regionen. Etwa 15 Minuten nach Verlassen der Numidia taucht das gespenstische Heck der Aida, eines 1957 gesunkenen Schiffes, unter uns auf. Eine Erkundung dieses Wracks heben wir uns für einen späteren Tauchgang auf.
Während wir weiter entlang der Wand tauchen, beobachten wir die Vielzahl an Fischen. Es sind die unzähligen Fahnenbarsche, die das Wrack mit bunten lebhaften Farbtupfern übersähen. Zahlreiche bunte Barscharten wie Mondsichelbarsche und Rotmeer-Forellenbarsche runden das Bild ab und dann erhaschen wir auch noch einen kurzen Blick auf einen grauen Riffhai weit draußen im tiefen Blau. Bevor wir mehr als nur einen Schemen wahrnehmen können, verschwindet der scheue Meeresräuber wieder so schnell wie er gekommen war.
Dafür entdecken wir noch ein paar junge Barrakudas; anscheinend auf Suche nach einem kleinen Snack zwischendurch.
Wir stellen überrascht fest, dass unsere Luftvorräte schon stark angefressen sind und beschließen, weiter zu ziehen. Es geht weiter in Richtung Aida, die nur einen „Katzensprung“ entfernt liegt. Wir erreichen die Aida, doch es steht bereits fest, dass wir das Wrack während des Tauchgangs nicht mehr erkunden werden, sondern nutzen einen weiteren Tauchgang für die Erkundung des Wracks.
Die Aida
Die Aida liegt schräg am Riff in Tiefen zwischen 30 und 60 Metern, in nicht allzu weiter Entfernung zur Numidia. Rasch stellen wir fest, dass die Aida der Numidia das Wasser nicht reichen kann. Das Wrack ist eher ein „Mitnahme-Objekt“ und kein echtes Highlight. Weit weniger üppig bewachsen bietet sie kein wirklich imposantes Naturschauspiel und auch das Wrack selbst ist kein großer Hingucker. Dennoch ein lohnenswerter Tauchspot, denn die exponierte Lage – ich sage nur Strömung – bietet immer gute Chance auf was Großes.
Zwar sehen wir keinen Hai, aber nach einiger Zeit lässt sich ein beeindruckender Napoleon blicken und begleitet uns neugierig eine geraume Zeit. Derartig große Napoleon-Lippfische sieht man nur noch selten, da sie aufgrund des hohen Marktwerts (1 kg bringen auf Fischmärkten bis zu 200 USD ein) stark bejagt werden.
Wir freuen uns an seinem Anblick und verlassen einig und recht verfrüht das Wrack der Aida, die keinen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen wird. Das Tauchgebiet auf jeden Fall schon.